Projektdetails Tiefgarage "Am Wollhaus" in Heilbronn

Mitten in der Innenstadt von Heilbronn liegt die Tiefgarage „Am Wollhaus“. Das Bauwerk aus den 70er Jahren wies starke Betonschäden auf und wurde daher grundlegend instandgesetzt – im laufenden Betrieb. Die Tiefgarage verfügt über 660 Stellplätze über 3 Parkebenen und die bearbeitete Bodenfläche betrug ca. 18.000,00 m². Die erarbeiteten Konzepte für die sehr schwierige statische Generalinstandsetzung sahen den Austausch von Bauteilen, Abtrag von mit Tausalzen belasteten Beton und den Einsatz eines kathodischen Korrosionsschutzsystems (KKS-Systems) vor. Geschützt wurden die befahrbaren Bauteile mit unterschiedlichen Beschichtungssystemen.
Kaum ein Standort in Heilbronn ist stärker frequentiert als die Kreuzung „Am Wollhaus“. Direkt am Rand der Fußgängerzone liegt hier der Zentrale Omnibusbahnhof, der von einer fünfspurigen Hauptverkehrsstraße erschlossen wird. Auch im Untergrund herrscht reges Treiben, denn die öffentliche Tiefgarage „Am Wollhaus“ liegt unter den Bussteigen und der Bundesstraße. Als nach 40 Jahren eine Sanierung anstand, war daher schnell klar, dass die Arbeiten in kleinen Abschnitten (ca. 23 Bauabschnitte) stattfinden mussten, um den oberirdischen Verkehr möglichst wenig zu beeinträchtigen. Zusätzlich hatten die statischen Anforderungen und hier im Speziellen der Erddruck auf die Wandflächen, die hochkomplexe Bauabfolge, gefordert. Auch wollte der Eigentümer der Garage, die B+B Parkhaus GmbH, den Betrieb nicht gänzlich ausfallen lassen.
Zu beheben waren hauptsächlich umfangreiche Betonschäden, die das Streusalz – wie bei vielen Verkehrsbauten – ausgelöst hatte. Im Winter wurde es von Autoreifen mit dem Schneematsch in die Garage getragen und löste sich beim Schmelzen im Wasser. Die dabei entstehenden Chloride waren in den Beton eingedrungen und hatten ihn unterschiedlich stark angegriffen – an einigen neuralgischen Punkten hatten sie bereits die sogenannte „Lochfraßkorrosion“ an der Bewehrung ausgelöst. Daher führten die Ingenieure umfassende Analysen und Voruntersuchungen durch, um das jeweilige Schadensausmaß zu ermitteln und an jeder Stelle individuell reagieren zu können. Hierbei handelt es sich um die Bestimmungen der Korrosionsströme mittels sog. Potentialfeldmessung, Betondeckungsmessungen, Prüfungen der Betondruckfestigkeit, Bestimmung der Oberflächenzugfestigkeit der Betonoberfläche sowie Chloridanalysen.
Grundsätzlich kamen zwei unterschiedliche Instandsetzungsprinzipen zur Ausführung. Die Maßnahmen werden nachfolgend aufgeführt:

  • Von den drei Parkebenen war die oberste am stärksten geschädigt. Der Betonboden dieser Etage war wegen korrosionsbedingter Querschnittsverluste am Baustahl stellenweise nicht mehr instand zu setzen und musste dort komplett abgerissen, neu geschalt und betoniert werden. Gleiches geschah mit einigen Stützen. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die vorhandenen Lasten durch Ersatzsysteme abzufangen sind und umfangreiche Stahlkonstruktionen (Abfangung der Lasten der über der Tiefgarage befindlichen Bundesstraße und des seitlichen Erddrucks), Schwerlastpressen, Baumstämme und Schwerlaststützen eingesetzt werden mussten.
  • An anderen Stellen war der Beton zwar ebenfalls mit Chloriden belastet, doch die Bewehrung hatte noch keinen Querschnittsverlust genommen. Dort kam ein kathodisches Korrosionsschutzsystem (KKS) zum Einsatz. Der Vorteil dieses in Parkbauten relativ neuen Verfahrens ist, dass der chloridhaltige Beton nicht abgetragen und der Stahl nicht freigelegt werden muss. Dies verkürzt die Bauzeit und sorgt für weniger Einschränkungen im laufenden Betrieb der Garage. Das Verfahren greift in die elektrochemischen Vorgänge ein, die beim Korrodieren des Stahls auftreten. Vereinfacht gesagt: Wenn der Stahl rostet, lösen sich normalerweise Ionen, die in Richtung des umgebenden Betons abwandern. Legt man nun dauerhaft eine elektrische Spannung an das Bauteil an, lässt sich der Ionenfluss umdrehen, sodass die Korrosion unterbunden wird. Mit diesem Verfahren wurden große Teile der Bodenflächen und der Wände im Bereich der Dehnfugen geschützt. Zum Einsatz kamen die unterschiedlichsten Anodensysteme, dies spezifisch auf die Bauteile abgestimmt.
  • Unabhängig vom Schadensgrad der Betonflächen erhielten alle Böden eine abschließende Beschichtung, die ein erneutes Eindringen von Chloriden verhindern soll. Bei den beiden oberen Parkebenen kam das System „OS 11b“ zum Einsatz. Um die Orientierung in der Großgarage zu erleichtern, tragen die Stützen auf jedem Geschoss einen Anstrich in einem anderen Ton: orange, grün und hellblau.
  • Weil die Rampen und Kurven stärkeren mechanischen Belastungen ausgesetzt sind als die übrigen Flächen, wurden sie mit dem Oberflächenschutzsystem „OS 8“ behandelt. Auch die unterste – also die erdberührende, nicht tragende Bodenplatte wurde mit diesem System beschichtet, weil es besser mit der dort vorhandenen Feuchtigkeitsbelastung zurechtkommt.
  • Neben der Tiefgarage wurde auch umfangreich der über der Tiefgarage befindliche Busbahnhof im Bereich der Dehnfugen abgedichtet.
  • Nachträgliche Abdichtungen des Bauwerks, welche nicht durch eine Freilegung erfolgen konnte, wurde mittels einer Acrylatinjektion, ausgehend von der Innenseite des Bauwerks, ausgeführt.
  • Bauherr: B+B Parkhaus GmbH & Co. KG, Düsseldorf